Sonntag, 5. Oktober 2008
HERZ DES DORFES
Bericht über den ersten Besuch des Fotografs Andrej Bezlepkin in Dorf Mlevo, Twer´s Gebiet in der Zeitschrift
"Ungläubiger Thomas" Nr – 5 (49), Mai 2007.




Der Untergang der russischen Dörfer ist seit langem eine Alltäglichkeit. Wir sind daran gewöhnt, dass auf dem Land leblose schiefe Häuser mit den toten zugenagelten Fenstern den zerfahrenen Straßen entlang stehen. Und leere ruinierte Kirchen, irgendwann voll von Gläubigen, überraschen uns schon lange nicht  mehr. «Das ist das Leben», - sagen wir dann gleichgültig. Das Schicksal von Twer´s Dorf Mlevo widerlegt diese Tatsache. Hierher kehren nach und nach die Menschen dank der Tatkraft des Pristers von Dorfkirche zurück.

  

Text: Andrew Bezlepkin.

Fotos des Autors.

Das alte Twer`s Dorf Mlevo ist fünf Kilometer von der Straße Bologoe-Udomlya entfernt.
 In den Ferien kommen die Sommergäste hierhin, und kontinuierlich wohnen dort nur ein paar Dutzend Menschen.

 

In der Mitte des XIX Jahrhunderts hatte die Gemeinde über zweihundert Häuser.
 Auf dem Fluss Msta liefen die Schiffszüge vorüber, die die Waren nach Nowgorod verfrachtet haben. Eine entscheidende Rolle in der Entstehung der Spaso-Georgievsky Kirche spielten die Kaufleute, die Schiffszüge mit den Waren auf Msta geführt haben und großzügig für kirchlichen Zwecke gespendet haben. Die riesige Kirche, die sechs Altäre in sich enthält, sieht man schon kilmeterweit vor Mlevo aus der Flussrichtung. Mit dem Bau des Gotteshauses wurde im Jahr 1823 begonnen und dauerte bis 1849.

 

 

 

Ich war in Mlevo vor vier Jahren.
 Ich kam im Juli für ein paar Wochen, um eine Reihe von Fotos zu machen, und seitdem kehre ich regelmäßig hierhin wieder, trotz Zeitmangel. Dies ist eins der wenigen Orte, das sich für immer in meinem Gedächtnis eingenistet hat.

 

 

Als ich die Kirche zum ersten Mal sah, hat mich ihre Größe überrascht, die völlig unerwartet für das Dorf ist, wo knapp drei Dutzend Häuser geblieben sind.
Ich ging in das Gotteshaus nach dem Gottesdienst, stellte mich vor, fragte nach dem Priester, erzählte, dass ich einen Fotobericht über das Dorf schreibe und möchte gerne ein paar Aufnahmen in der  Kirche machen. Zu meinem Erstaunen war Vater Wladimir damit sofort einverstanden. «Machen Sie es! Überall, wo Sie wollen».

 

V
iele Priesters nehmen die Einsetzung hierhin als eine Verbannung wahr,  - sagte Vater Wladimir Safronov, Pastor der Spaso-Georgievsky Kirche im Dorf Mlevo. - Sie sehen es selbst - die Kirche ist riesig und wunderschön, aber alles muss neu wiederaufgebaut werden.
Ohne Gemeindemitgliedern ist es nicht möglich. Aber hier wohnen sehr wenige Leute, nur alte Mütterchen sind noch geblieben».

 

Vater Vladimir hat fast jede Minute was zu tun: mal fährt er nach Udomlyu , mal nach Twer, mal nach St. Petersburg.
 Andernfalls hätte die Kirche keine Zukunft: «Wer würde hier bleiben?  Wenn ich weg gehen würde, wird Eparchie keinen mehr anstellen, die Kirche wird geschlossen, zerstört, ausgeraubt und missbraucht ... Sie wurde ohnehin sehr oft ausgeraubt. Gott sei Dank, nicht bei mir. In den Stadt-Kirchen ist es einfacher - sie haben mehr Gemeindemitglieder, die Baumaterialien kann man leichter da beschaffen. Und hier ... Für sich selbst bleibt keinerZeit  - die Kirche muss gerettet werden. Ich kann warten, und Fresken und Ikonen können es nicht ».

 

 

Noch vor drei Jahren waren nur wenige Gemeindemitglieder da, sogar in einem Sonntagsgottesdienst - meist Ortsbevölkerung, Sommergäste und ein paar Leute aus Udomlya.
Ehemaliger Priester war sehr streng: hat einer keinen Kreuz - läßt er ihn in die Kirche nicht rein. So ist keiner hingegangen. An Vater Wladimir hat man sich auch lange gewöhnt. Manchmal stand er mit seiner Frau auf den Stuffen der Kirche und lud die Leute ein, und hörte zurück: «Wie? Dürfen wir?»

 

Für die Dachrenovierung der Kirche wurde fünfzigtausend Dollar ausgegeben.
Vater Vladimir lächelte: «Es spricht sich herum, dass Priester reich ist! Er hat die Renovierung angefangen. Hätten die Leute es gewusst, dass ich dieses Geld niemals gesehen habe. Zwölf Tonnen Stahl, Transport und Arbeitnehmer-Lohn zahlte derjeniger, der dieses Geld auch hat und dem es nicht viel zu schade war es für die Renovierung dieser Kirche abzugeben».

 

Der sehnlichste Traum von Vater Vladimir und seiner Frau Alevtina ist Wiederbelebung des Dorfes.
Jedes Jahr gehen  zwei bis drei Menschen und ein Haus davon. Wenn es so weiter geht , bleibt von Mlevo nach zehn Jahren nichts mehr übrig.

 

 

«Manchmal entbrennen ich und meine Frau in diesem Traum, und dann geht der Glaube, dass das Dorf wiederbeleben wird, wieder verloren.
Es gibt Leute, die es möchten hierher zu kommen, den es hier gefällt. Aber nicht jeder kann es sich leisten ein Haus zu kaufen. Gelingt es mir und meiner Frau hier alles in Gang zu bringen? Es hängt von uns ab. Und von denen, die uns helfen. Ohne sie können wir kaum etwas schaffen. Nach und nach suchen wir Leute, Glaube und Geisteskraft. Das ist der Kern, der uns stärkt».

 

Das zweite Teil der Geschichte über das Dorf Mlevo können Sie auf der Website "Foma.ru" - "Heilige Einfalt"
 lesen.

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