Montag, 25. August 2008
WISSENSCHAFTLER, VATER, DIAKON Sergej Krivovichev


Ein Wissenschaftler-Kristallograph mit dem weltberühmten Namen, Professor mit 35 Jahren, Autor von vielen Dutzenden Entdeckungen, Diakon ist Vater von sechs Kindern. Man staunt über die Biographiefakten von Sergej Krivovichev. Eine große Familie hat seine Karriere nicht verhindert, dabei geling es ihm als hervorragender Vater zu bleiben. Es hat sich herausgestellt, dass es möglich ist, die Großfamilie, den Glauben und die Wissenschaft in einem nicht einfachen, aber in einem erfüllten Leben zu vereinbaren. 

 
Fotos: Madiay Astahova.  

"Als ich in der 10. Klasse an ein akademisches Gymnasium bei LGU immatrikulliert worden bin und entdeckt habe, dass meine Altersgenossen über die Existenz Gottes philosophieren, habe ich dies als reinen Konservatismus empfunden, und ich habe mich innerlich vorbereitet, dem "Obskurantismus" nicht nachzugeben. Aber es geschah so, dass ich mich nur in einer Stunde Russischer Literatur "bekehrte"! Ich erinnere mich, dass ich mich sogar aufgeregt habe, dass ich so haltlos bin. Meiner Lehrerin Irina Georgievna Poluboyarinova ist es gelungen dank ihrer christlichen Wahrnehmung der Literatur, wie Metropolit Anthony Surozhsky sagte, "Schein des ewigen Lebens" zu zeigen…"

Und meine Frau habe ich zufällig im Jahr 1993 kennengelernt: Ich war der Älteste unserer Gruppe und traf mich einmal im Sommer mit Irina, um ihr Stipendium auszuzahlen. Ich habe es gleich begriffen, dass Irina auch gläubig ist."



"Irina, Kinder und ich haben insgesamt dreieinhalb Jahren an verschiedenen Hospitationsorten im Ausland verbracht: In den USA, Deutschland und Österreich. Es wurde uns angeboten für ein festes Arbeitsplatz da zu bleiben. Dann wäre uns gesicherte Existenz gewährleistet. Die Frage: Arbeit im Ausland oder Rückkehr nach Russland, stand für uns noch vor kurzem akut. Aber wie gespreizt es auch klingen mag, wollen wir dem Vaterland dienen. Daher haben wir zurückzukehren beschlossen."



"Unter Wissenschaftlern ist der Patriotismus jetzt nicht modern. Denn hier zu leben und zu arbeiten, ist es härter. Einige Zeit musste ich doch ins Ausland reisen, um die Forschungen mit der Ausrüstung, die wir hier einfach nicht haben, durchzuführen!

"Aber jetzt ist das geschehen, worauf ich seit mehreren Jahren gewartet habe und worum ich Angst hatte es zu glauben – im Rahmen des nationalen Projektes "Bildung" wurde uns Geld gestiftet und unsere Fakultät erhielt schließlich eine gute teuere Technik des Weltniveaus. Jetzt haben wir neue Möglichkeiten für wissenschaftliche Forschung! Ich bin sicher, es werden mehr und mehr junge Wissenschaftler zu unseren Entwicklungen hinzuziehen. Unser Lehrstuhl hat jetzt überraschend viele junge Leute, die sich für reines Wissen, für grundlegende Aspekte der Wissenschaft interessieren. Denn unsere Studien haben keine Nutzanwendung, sie garantieren keinen festen Lohn. Aus diesem Grund kommen zu uns nur wirklich engagierte Leute." 


Nach der Weltreise lebt das Ehepaar Krivovichev heute in St. Petersburg und hat ihre Kinder zur Musikschule angemeldet. Asja spielt Flöte, Alesha spielt Blockflöte, und später Klarinette, Vasilisa spielt Oboe



"Wir entschlüsseln die kristallinen Strukturen der Verbindungen, interne Stellung der Atome – im Grunde öffnen wir eine neue Realität. Wir blicken dahin, wohin keiner zuvor geblickt hat. Und wenn du es siehst, dann kannst du dich ohne diese verborgene Schönheit nicht mehr denken. Und solche Arbeit bietet intellektuelle und geistige Freude. Laut Akademiker N. Bogolyubov, gibt es keine ungläubigen Physiker. Die Wissenschaftliche Arbeit impliziert eine sehr feine geistige Intuition. Denn letztlich baut die Wissenschaft nicht auf Rationalität, sondern auf Betrachtung." 



"Ich bin deshalb Diakon geworden, weil ich es immer wollte. Und nach dem Handauflegen hat sich das Leben geändert - langsam, unbemerkbar, aber sehr stark… Denn wenn du vor dem Altar Gottes stehst, sollst du sich selbst auch außerhalb kirchlicher Mauern anders, anspruchsvoller wahrnehmen. Denn ein Priester "verwickelt sich nicht in Geschäfte des täglichen Lebens", laut Kanon, das heißt, er steht in der Regel nicht im Arbeitsverhältnis. Aber andererseits gibt es ein hervorragendes Vorbild des Heiligen Luka (Voyno-Yasenetsky) – des Priesters, Mönches und großen Wissenschaftlers. Sein Vorbild zeigt, dass man auch in der orthodoxen Kirche Wissenschaft und Heiligendienst vereinigen kann.* An der Universität habe ich es nicht zur Schau getragen, dass ich zum Diakon geweiht wurde. Aber es wissen ohnehin alle. Manchmal kommt es im Lehrstuhl zum Gespräch über die Kirche und die Jungs sagen, dass die Geistlichen nur vom Geld denken oder sich dem Trank ergeben… nämlich, typische Klischees. Und einer antwortet: Und was ist mit Sergej Vladimirovich?" "Äh… - sagen sie - er zählt nicht dazu, er ist etwas Besonderes"... "Und in der Tat, was ist an mir Besonderes, ich bin ganz gewöhnlich."





"Ich kann es mir gut vorstellen, dass es für einen Mann nicht einfach ist sich für die Geburt eines zweiten oder eines dritten Kindes zu entscheiden. Es stellen sich viele Fragen: Wie man sich ernähren und wo man wohnen wird. Aber wir leben ja nicht in einer "episodischen" Welt, wo die spontanen Kräfte der Natur herrschen und wo wir, wie die auf den Meereswellen treibenden Bälle, lottern. Wir wissen ja, dass Vorsehung die Welt regiert… Daher sollen wir uns vor nichts fürchten. Alles wird klappen und wir werden es nicht begreifen, welche Wege man laufen wird. Das ist unserer Vernunft nicht untergeben. Gott schafft bestimmte Umstände – das ist Sein Vorhaben, das wir rechtfertigen müssen. Und alles, was wir in dieser Welt leisten, ist nur ein Mittel…"



"Ich habe mehrmals Menschen gesehen, die den Sinn des Lebens nur in der Arbeit sehen. Als mir vorgeschlagen wurde, im Westen zu bleiben, hieß das Hauptargument, dass dies wegen der Arbeit geschahen soll bzw. zum Wohle der Familie notwendig ist. Und doch glaube ich nicht, dass die Arbeit und sogar die Heimat –bedeutender als die Hauptbestimmung des Menschen sind. Und die Familie sollte nicht um der Familien willen sein. Und Großfamilie – nicht um Großfamilien willen. Es muss etwas Größeres geben, sonst verliert das Ganze seinen Sinn. Denn alles im Leben – im Hinblick auf Arbeit, Heimat und Familie - wird um der Wahrheit willen getan, welche Christus ist."

... link (0 Kommentare)   ... comment